News/Aktuelles
Klärung der Echtheit eines Testaments
OLG Hamburg, 27.08.2020, 2 W 46 / 20
Das Tatsachengericht hat, wenn im Erbscheinverfahren die Echtheit eines Testaments bezweifelt wird, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob Anlass zur Einholung eines schriftvergleichenden Gutachtens besteht. Das hängt davon ab, welches Ergebnis die vom Gericht bereits vorgenommene Sachaufklärung erbracht hat, nachdem Zweifel an der Echtheit des Testaments geäußert worden sind. Liegen keine besonderen Umstände vor, die gegen eine eigenhändige Errichtung eines privatschriftlichen Testaments sprechen, genügt es, wenn der Tatrichter selbst die Schriftzüge des ihm vorliegenden Testaments mit anderen Schriftproben vergleicht und das Ergebnis würdigt. Die Einholung eines Gutachtens zur Echtheit eines eigenhändigen Testaments ist nur in Zweifelsfällen geboten. Über einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers kann unabhängig davon entschieden werden, ob über den Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses bereits entschieden wurde.
Anfechtung einer Erbausschlagung wegen Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaft
OLG Düsseldorf, 09. 12. 2020, 3 Wx 13 / 20
Stützt sich die Anfechtung einer Erbausschlagung auf einen Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sachgemäß § 119 Abs. 2 BGB, ist als "Sache" im Sinne dieser Vorschrift die Erbschaft anzusehen, d.h. der dem Erben angefallene Nachlass oder Nachlassteil. Die Überschuldung einer Erbschaft ist eine verkehrswesentliche Eigenschaft, die zur Anfechtungsberechtigten kann, wenn der Irrtum bezüglich der Überschuldung auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses, also bezüglich des Bestandes an Aktiva oder Passiva, beruht. Nicht zur Anfechtung ist berechtigt, wer ohne nähere Kenntnis der Zusammensetzung des Nachlasses einer Fehlvorstellung über dessen Größe unterlag, d.h. wer nicht aufgrund einer Bewertung ihm bekannter oder zugänglicher Fakten zu dem Ergebnis gelangt war, die Erbschaftwolle er annehmen oder ausschlagen, sondern seine Entscheidung auf spekulativer - bewusst ungesicherter - Grundlagegetroffen hatte.
Antrag auf Erteilung von beglaubigten Abschriften eines Erbscheins
OLG Düsseldorf, 18. 11. 2020, 3 Wx 200 / 20
Wenn das Nachlassgericht alle Verfahrensvoraussetzungen für gegeben erachtet, der Erbscheinsantrag der Erbrechtslageentspricht und kein Beteiligter dem beantragten Erbschein widersprochen hat, ergeht ein Feststellungsbeschluss, dass die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden. Es richtet sich nach dem Antrag des Antragstellers, wie viele Exemplare der Ausfertigungen er zu erhalten hat. Wegen der mit allzu vielen Urschriften oder Ausfertigungen eines Erbscheins verbundenen Gefahren besteht ein Rechtsschutzbedürfnis nur für die wirklich benötigten Stücke in überschaubarer Anzahl. Allerdings kann der Antragsteller sich auch beglaubigte Abschriften des Erbscheins erteilen lassen.
Unterschriftsleistung als Voraussetzung für die Gültigkeit eines Testaments
OLG Köln, 23.09.2020, 2 Wx 189 / 20
Ein Unterschriftsleistung ist zwingend für die Gültigkeit eines Testaments, von der aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abgegangen werden kann. Nur eine Unterschrift gibt die Gewähr für den Abschluss eines Testaments durch den Erblasser. Grundsätzlich ist es allerdings unschädlich, wenn eine Niederschrift auf mehreren, miteinander nicht verbundenen Blättern erfolgt, sofern diese inhaltlich zusammenhängen. In einem solchen Fall ist nur eine einmalige Unterschrift erforderlich, dies ich auf dem letzten Blatt befinden muss. Die einzelnen Blätter müssen aber inhaltlich ein Ganzes sein (z.B. durch Nummerierung und fortlaufenden Text) und eine einheitliche Willenserklärung enthalten, die im Regelungsinhalt auch widersprüchlich sein kann, sofern der textliche Zusammenhang unzweifelhaft ist.
Unterlassungsanspruch bei drohender Verletzung des Totenfürsorgerechts
LG Dessau-Roßlau, 24.07.2020, 2 O 304 / 20
Das Totenfürsorgerecht ist als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt und begründet insoweit einen Unterlassungsanspruch analog § 1004 BGB. Die Totenfürsorge beinhaltet das Recht, den Willen des Verstorbenen zur Art und Weise der Bestattung und Grabgestaltung durchzusetzen. Beabsichtigen zwei nahe Angehörige das ihnen zustehende Totenfürsorgerecht in unterschiedlicher Weise auszuüben, so ist der zu ermittelnde Wille des Verstorbenen maßgeblich. Haben zwei Totenfürsorgeberechtigte die Beisetzung des Verstorbenen zwar einvernehmlich, aber nicht entsprechend dessen Willen durchgeführt, kommt eine Umbettung im Hinblick auf die dann vorrangige Totenruhe nicht in Betracht.
Widerruf eines Testaments durch Vernichtung einer von mehreren Urschriften
OLG Köln, 22.04.2020, 2 Wx 84 / 20
Der Erblasser kann ein Testament jederzeit und ohne besonderen Grund widerrufen. Der Widerruf eines Testamentes kann unter anderem dadurch erfolgen, dass der Erblasser in der Absicht, das Testament aufzuheben, die Testamentsurkundevernichtet. Hat der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet, so wird vermutet, dass er die Aufhebung des Testamentsbeabsichtigt habe. Sind allerdings mehrere Urschriften eines Testaments vorhanden, so kann zum Widerruf die Vernichtung oder Veränderung nur einer von mehreren Urschriften nur dann genügen, wenn kein Zweifel über den Aufhebungswillen des Erblassers besteht. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn der Erblasser anlässlich der Vernichtung eines Originals gegenüber einem Zeugen zweifelsfrei bekundet hat, an der darin enthaltenen Erbeinsetzung nicht festhalten zu wollen.
Strenge Anforderungen an den Nachweis der Existenz und den Inhalt eines verschwundenen Testaments
LG Flensburg, 09.04.2020, 4 O 172 / 16
An den Nachweis der Existenz und des Inhalts eines Testaments, dessen Urkunde nicht mehr vorgelegt werden kann, sind strenge Anforderungen zu stellen. Die Tatsache, dass keine Angaben zu einem Datum gemacht wurden, ist unschädlich. Denn es ergeben sich daraus keine Zweifel an der Gültigkeit des Testaments. Wenn das leibliche Kind der vor verstorbenen Ehefrau nach dem Tod seiner Mutter eine Verzichtserklärung zugunsten seines Stiefvaters unterzeichnet, ist dies ein gewichtiges Indiz für seine spätere Behauptung, es habe ein "Berliner Testament" existiert, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Erben und dieses Kind als Schlusserben eingesetzt haben. Denn dieses Kind hat keinen gesetzlichen Erbanspruch gegen seinen Stiefvater und hätte ohne die Existenz des (nach dem Tod der Mutter unwiderruflichen) "Berliner Testament" riskiert, "leer auszugehen".